Warum 3-fach verglaste Fenster auch im ungedämmten Altbau fast immer die beste Lösung sind
Im Internet liest man immer wieder – befeuert von selbst ernannten „Experten“ in Foren und auf Altbau-Blogs – die pauschale Behauptung: „3-fach verglaste Fenster im Altbau führen zwangsläufig zu Schimmel.“ Diese Aussage wird leider oft von Menschen getroffen, die weder Bauphysik noch den Zusammenhang von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Taupunkt wirklich verstanden haben. Die Realität ist genau andersherum: In den allermeisten Fällen sind 3-fach verglaste Fenster sogar die beste Lösung, auch im ungedämmten Altbau. In diesem Artikel erkläre ich verständlich, warum das so ist. Der Kern des Vorwurfs: „Der kälteste Punkt wandert an die Wand“ Die Kritik lautet meist so: - Früher war das alte Fenster der kälteste Punkt im Raum. - Nach dem Einbau von 3-fach verglasten Fenstern ist das Fenster deutlich wärmer. - Der kälteste Punkt verlagert sich dann z. B. in eine Ecke oder an eine ungedämmte Außenwand. - Und genau dort soll es dann angeblich automatisch schimmeln. Der erste Teil stimmt sogar: Ja, durch moderne Fenster wird die Scheibe deutlich wärmer, und der kälteste Punkt im Raum liegt dann meistens nicht mehr am Fenster. Aber: Allein dadurch entsteht noch kein Schimmel. Damit Schimmel oder Kondenswasser an der Wand entsteht, muss eine ganz bestimmte Bedingung erfüllt sein – und diese wird oft komplett ignoriert: Die Luftfeuchtigkeit muss an der Wand kondensieren, erst dann kann Schimmel entstehen.
Wann kondensiert Luftfeuchtigkeit wirklich an der Wand?
Entscheidend ist nicht, wo der kälteste Punkt liegt, sondern wie kalt diese Stelle im Vergleich zur Raumluft ist. Grundregel: Luftfeuchtigkeit kondensiert nur dann an der Wand, wenn die Wand kälter als die Taupunkttemperatur der Raumluft ist. Die Taupunkttemperatur hängt ab von: Raumtemperatur (z. B. 20–21 °C) relativer Luftfeuchtigkeit (z. B. 50–65 %) Erst wenn eine Wandstelle so stark abkühlt, dass sie unter diesen Taupunkt fällt, beginnt dort Kondensation – also „nasse Wand“ oder später Schimmel. Konkrete Beispiele aus der Praxis: Bei einer typischen Raumtemperatur von ca. 20–21 °C sind folgende Oberflächentemperaturen kritisch: - 50 % Luftfeuchtigkeit (normal gelüftet) → kritische Wandtemperatur: ca. 10–11 °C - 55 % Luftfeuchtigkeit (normal bis eher schlecht gelüftet) → kritische Wandtemperatur: ca. 11–12 °C - 65 % Luftfeuchtigkeit (extrem schlecht gelüftet) → kritische Wandtemperatur: ca. 13–14 °C Das bedeutet: Eine Wand muss schon sehr kalt werden, damit Feuchtigkeit dort überhaupt kondensiert. Erst wenn diese Temperaturen unterschritten werden, kondensiert die Feuchtigkeit und begünstigt die Schimmelbildung. Entscheidend ist also: Wie kalt sind die Wände wirklich? Ob jetzt das Fenster oder die Wand der kälteste Punkt ist, ist erstmal egal: - Vorher hat das alte Fenster die Luftfeuchtigkeit „geregelt“ - Vor dem Fenstertausch hatte das alte, schlecht gedämmte Fenster eine unangenehme „Funktion“: - Die Scheibe war sehr kalt. - Luftfeuchtigkeit kondensierte an der Scheibe. Dadurch wurde Feuchtigkeit aus der Luft „abgebaut“, indem sie an der Scheibe kondensierte und man sie wegwischen konnte – gleichzeitig ging aber jede Menge Heizenergie verloren. Die Folge: Wasser an der Scheibe, nasse Fensterbänke, beschlagene Scheiben und ein sehr hoher Energieverbrauch.
Was ändert sich mit neuen 3-fach verglasten Fenstern?
Mit modernen 3-fach verglasten Fenstern ist das Glas deutlich wärmer. Das bedeutet: Die Scheibe beschlägt nicht mehr und Luftfeuchtigkeit kondensiert nicht mehr am Fenster. Dadurch gibt es keine Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit mehr durch Kondensation an der alten Fensterscheibe. Wichtig zu verstehen: Die Temperaturen auf der Wand bleiben vor und nach dem Fenstertausch gleich. Die Wand wird nicht „auf einmal kälter“, nur weil ein neues Fenster eingebaut wird. Was sich ändert: Das Fenster ist jetzt besser, die Wand bleibt, wie sie ist. Dadurch fällt nur auf, was vorher schon da war: - schlechtes Lüftungsverhalten - Wärmebrücken (z. B. kalte Ecken oder Fensterlaibungen) Wenn jetzt schlecht gelüftet und wenig geheizt wird, kann an diesen ohnehin kritischen Stellen Feuchtigkeit kondensieren. Die Ursache ist aber nicht die 3-fach-Verglasung – sondern Feuchtigkeit + kalte Bauteile + falsches Lüftungsverhalten. Schimmel entsteht an diesen Stellen also nur dann, wenn dauerhaft zu wenig geheizt und zu schlecht gelüftet wird. Verantwortlich ist nicht das 3-fach-verglaste Fenster, sondern das Heiz- und Lüftungsverhalten der Nutzer. Im Gegenteil: Gerade neue, wärmedämmende Fenster spielen hier ihre Stärken aus, weil man endlich ohne schlechtes Gewissen vernünftig heizen kann – ohne hohe Energieverluste, und genau das senkt das Schimmelrisiko zusätzlich.
Warum auch eine 2-fach-Verglasung das Problem nicht löst
Verunsichert durch zahlreiche „Internet-Experten“ entscheiden sich viele Hausbesitzer aus Angst vor Schimmel für 2-fach verglaste Fenster und hoffen, diese seien „altbaugerechter“. Tatsächlich ist das in den meisten Fällen eine teure Fehlentscheidung: Der Aufpreis für 3-fach-Verglasung ist nicht hoch, das Lüftungsproblem bleibt, nur der Wärmeschutz wird unnötig verschlechtert. In der Praxis passiert Folgendes: Auch moderne 2-fach verglaste Fenster haben bereits deutlich bessere Wärmedämmwerte als die alten Fenster. In den meisten Fällen kondensiert auch an 2-fach verglasten Scheiben keine Feuchtigkeit mehr. Das gewünschte Regulieren der Luftfeuchtigkeit über Kondensation an der Scheibe existiert auch hier nicht mehr, und der Effekt verpufft. Wer also aus Schimmelangst von 3-fach auf 2-fach heruntergeht, hat kaum mehr Sicherheit gegen Schimmel, verzichtet aber auf zusätzliche Energieeinsparung und einen besseren Schallschutz.
Die echten Vorteile von 3-fach-Verglasung – gerade im Altbau
Warum sind 3-fach verglaste Fenster auch im ungedämmten Altbau oft die bessere Wahl? 1. Deutlich weniger Wärmeverlust 3-fach-Verglasung reduziert den Wärmeverlust durchs Fenster spürbar. Das ist gerade im Altbau wichtig, weil hier häufig über die Fenster sehr viel Energie verloren geht. 2. Höhere Oberflächentemperaturen am Fenster Weniger Zugerscheinungen, weniger Kältegefühl, angenehmere Strahlungstemperatur. Die Behaglichkeit wird deutlich besser. 3. Besserer Schallschutz 3-fach verglaste Fenster bringen spürbar mehr Ruhe – ein Komfortfaktor, den man jeden Tag merkt. 4. Zukunftssicherheit Energie wird auf lange Sicht gesehen nicht billiger. Mit 3-fach-Verglasung ist das Gebäude besser auf die Zukunft vorbereitet. 5. Förderfähigkeit Nur Fenster mit 3-fach-Verglasung sind förderfähig.
Und was ist mit der Schimmelgefahr?
Schimmel entsteht nie „wegen 3-fach-Verglasung“, sondern immer durch ein falsches Heiz- und Lüftungsverhalten. Genau deshalb gehört zu jedem Fenstertausch immer auch die richtige Beratung und Aufklärung: - richtiges Lüften statt dauerhaft gekippte Fenster - ausreichendes Heizen, damit Bauteile nicht auskühlen - besonders anfällige Stellen wie zum Beispiel Fensterlaibungen lassen sich oft im Zuge des Fenstertauschs einfach und kostengünstig dämmen. Wer diese Punkte beachtet, hat mit 3-fach verglasten Fenstern kein höheres Schimmelrisiko – im Gegenteil: Durch die bessere Dämmung und angenehmere Raumtemperaturen wird das Wohnklima insgesamt verbessert. Fazit: 3-fach-Verglasung ist auch im Altbau fast immer die richtige Entscheidung Darum gilt: Wer heute seine Fenster tauscht, sollte in den allermeisten Fällen direkt auf 3-fach-Verglasung setzen, auch im ungedämmten Altbau. Mit der richtigen Beratung und einem passenden Lüftungs- und Heizverhalten ist das eine Investition, die sich mehrfach auszahlt.